Juristisches Gutachten: Phase 1-2 praktisch in der Prüfung

Allgemeine Fragen rund um das Studieren mit T@keLaw.

» Mo 15. Dez 2014, 13:21

Hallo,

in Bezug auf die Erstellung eines juristischen Gutachtens lernen wir bei Takelaw die Phasen 1-3.

Ich verstehe in diesem Zusammenhang nicht wie die Phase 1 + 2 zum Beispiel in einer Prüfung in die Praxis umgesetzt werden kann.

Prof. Möller sagt dazu, "dass die Formulierungen nur eine Umsetzung der bereits in der Struktur getroffenen Entscheidungen darstellen. Bei der Erstellung der Formulierung muss also eigentlich gar nicht mehr gedacht werden. Eine Denkarbeit wurde schon vorher geleistet. Schwerpunkt der juristischen Arbeit wird gerade nicht in der Formulierung gesehen, sondern darin, zuvor komplett zu entscheiden, welche juristische Begründung der Entscheidung zu Grunde zulegen ist. Die Formulierung dieser Entscheidung hat nur die Aufgabe zu transportieren. Mit dem Takelaw Verfahren geht es schneller, weil die verschiedenen Arbeitsschritte, also die 3 Phasen, voneinander getrennt werden und damit können Sie bereits im ersten Semester komplexe Fälle beurteilen und sogar richtig formulieren."

Das klingt für mich alles sehr theoretisch!
Online ist dies leicht durch die dort verfügbaren Strukturen möglich.
Wie kann dies aber konkret in der Prüfung ohne die online verfügbaren Takelaw Struktur umgesetzt werden?

In der ersten Phase werden die Anspruchsgrundlagen und Tatbestandsvoraussetzungen identifiziert und das Gesetz gesichtet.
In der zweiten Phase geht es um Ideen und Lösungsvorschläge. Darüber hinaus werden Bewertungen zu den einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen getroffen.

=> Wie bringt ihr genau das, also die Phase 1 + 2, die von Prof. Möller oben vorgeschlagen wird, in der Prüfung auf das Papier?

Gruß,
Michael
VG
Michael

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MichaelZ.
 
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» Mo 15. Dez 2014, 14:15

Hey,

ich weiß nicht, ob ich deine Fragestellung richtig verstanden habe, aber bei mir ist das folgendermaßen.

Durch die Tatsache, dass ich im Laufe der Vorlesung, der Practise Fälle und der Online Klausuren mit der jeweiligen Struktur arbeite und zu diesen Aufgaben auch immer die Gutachten schreibe, lerne ich die Take Law Struktur quasi auswendig.

In der Klausur spielen sich Phase 1 und Phase 2 im Kopf ab. Also ich überschlage im Kopf die Möglichkeiten die ich für die Lösung des Gutachtens habe und bemerke so auch schnell, an welchen Punkten es zu Problemen kommen kann.

Wenn ich nun anfange zu schreiben, habe ich eine gewisse Struktur vorweg im Kopf erarbeitet und so fällt es mir leichter, die Punkte in Ihrer Gesamtheit abzuarbeiten.

Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man die Take Law Struktur im Kopf hat.

Nun studiere ich hier, und kenne nur diese Form des Lernens, aber auch in einem "normalen" Studiengang muss ich ja gewisse Dinge auswendig lernen, die Take Law Struktur vereinfacht dieses Lernen für mich aber ungemein, weil das Gerüst meines Gutachtens quasi vorgegeben ist.

Wenn du auf normalem Wege lernst, könnte dir ja mitten im Gutachten auffallen, dass du an einer Stelle nicht mehr weiter kommst, weil dies im Konflikt zu deinen vorherigen Ausführungen steht. Dies kann in der Take Law Struktur nicht so leicht passieren.

Gruß Benny
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bhuecker
 
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» Mo 15. Dez 2014, 15:38

Hallo,

ich denke, die Phasen 1 und 2 sollten sich in Form einer Lösungsskizze schriftlich auf einem Schmierzettel abspielen. Durch die zugewiesenen - da sind sie wieder - Gliederungspunkte in Verbindung mit der Säcketheorie ergibt sich dann sozusagen automatisch, wie man das Gutachten letztlich formulieren kann.
Es ist imho eine Eigenart der HFH-Klausuren, dass die Schmierzettel abzugeben sind. Dies hat jedoch, wie ich erfuhr, technische Gründe. Inhaltlich werden die Schmierzettel vom Korrektor nicht beachtet. Die Phasen 1 und 2 werden also als solche eigentlich gar nicht aufs Papier gebracht, sondern bilden vielmehr das Gerüst für das die eigentliche Lösung darstellende Gutachten.
Wichtig ist nach meinem Dafürhalten, zu verstehen, dass wir uns eben nicht die Lösung "während des Schreibens" überlegen, sondern dass sämtliche AGL, TB-Merkmale und dazugehörige Wertungen schon klar sein müssen, wenn man das Gutachten anfängt zu erstellen. Es ist quasi lediglich die korrekte formale Darstellungsform der Denkprozesse und deren Ergebnisse.
Ich hoffe, das hilft weiter. Viel Erfolg!
Grant
 
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» Di 16. Dez 2014, 14:01

bhuecker hat geschrieben:Hey,

ich weiß nicht, ob ich deine Fragestellung richtig verstanden habe, aber bei mir ist das folgendermaßen.

Durch die Tatsache, dass ich im Laufe der Vorlesung, der Practise Fälle und der Online Klausuren mit der jeweiligen Struktur arbeite und zu diesen Aufgaben auch immer die Gutachten schreibe, lerne ich die Take Law Struktur quasi auswendig.

In der Klausur spielen sich Phase 1 und Phase 2 im Kopf ab. Also ich überschlage im Kopf die Möglichkeiten die ich für die Lösung des Gutachtens habe und bemerke so auch schnell, an welchen Punkten es zu Problemen kommen kann.

Wenn ich nun anfange zu schreiben, habe ich eine gewisse Struktur vorweg im Kopf erarbeitet und so fällt es mir leichter, die Punkte in Ihrer Gesamtheit abzuarbeiten.

Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man die Take Law Struktur im Kopf hat.

Nun studiere ich hier, und kenne nur diese Form des Lernens, aber auch in einem "normalen" Studiengang muss ich ja gewisse Dinge auswendig lernen, die Take Law Struktur vereinfacht dieses Lernen für mich aber ungemein, weil das Gerüst meines Gutachtens quasi vorgegeben ist.

Wenn du auf normalem Wege lernst, könnte dir ja mitten im Gutachten auffallen, dass du an einer Stelle nicht mehr weiter kommst, weil dies im Konflikt zu deinen vorherigen Ausführungen steht. Dies kann in der Take Law Struktur nicht so leicht passieren.

Gruß Benny


Hallo Benny,
ich denke schon, dass du mich richtig verstanden hast.
Vielen Dank für deine Antwort und Einschätzung.

Gruß,
Michael
VG
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» Di 16. Dez 2014, 14:21

Grant hat geschrieben:Hallo,

ich denke, die Phasen 1 und 2 sollten sich in Form einer Lösungsskizze schriftlich auf einem Schmierzettel abspielen. Durch die zugewiesenen - da sind sie wieder - Gliederungspunkte in Verbindung mit der Säcketheorie ergibt sich dann sozusagen automatisch, wie man das Gutachten letztlich formulieren kann.


Genau darauf wollte ich hinaus: Eine Lösungsskizze auf Papier.
So habe ich es auch verstanden, dass zunächst "alles" auf Papier festgehalten wird und sich die Phase 3 fast "von alleine" abspielt. Das scheint auch sehr hilfreich zu sein, nur, wie kann so eine Skizze nach der TakeLaw Methode aussehen?

Es ist imho eine Eigenart der HFH-Klausuren, dass die Schmierzettel abzugeben sind. Dies hat jedoch, wie ich erfuhr, technische Gründe. Inhaltlich werden die Schmierzettel vom Korrektor nicht beachtet.


Verstehe ich nicht. Die Schmierzettel sollen abgegeben werden, haben jedoch keine Bedeutung? Technische Gründe?

Die Phasen 1 und 2 werden also als solche eigentlich gar nicht aufs Papier gebracht, sondern bilden vielmehr das Gerüst für das die eigentliche Lösung darstellende Gutachten.


Ist das jetzt nicht ein Widerspruch zu deiner Einleitung? Ein solches Gerüst ist einleuchtend und praktikabel. Irgendwie scheint aber doch jeder Student hier machen zu können was er will. Wenn man sich die Worte des Prof. Möller anhört, so verstehe ich ihn ganz anders: Dass eben doch ein Gerüst zwingend zu Papier gebracht werden muss - nach der TakeLaw Methode und dass Phase 1 und 2 sehr wichtig ist und in der Folge die Phase 3 nur noch die Umsetzung ist. Er erwähnt nicht, dass sich das alles quasi im Kopf abspielt. Daher auch meine Nachfrage und daher auch mein Wunsch, ein Feedback von euch zu bekommen, wie ihr das Gerüst nach der Meinung von Prof. Möller konkret zu Papier bringt. Wenn sich jetzt in Phase 1 und Phase 2 alles im Kopf abspielt, verstehe ich nicht, wo hier der Unterschied zur tradierten Methode liegt. Ich verstehe natürlich, dass die Gedankengänge anders sind und die Überlegungen und demzufolge auch die Struktur.

Wichtig ist nach meinem Dafürhalten, zu verstehen, dass wir uns eben nicht die Lösung "während des Schreibens" überlegen, sondern dass sämtliche AGL, TB-Merkmale und dazugehörige Wertungen schon klar sein müssen, wenn man das Gutachten anfängt zu erstellen. Es ist quasi lediglich die korrekte formale Darstellungsform der Denkprozesse und deren Ergebnisse.


Richtig, so habe ich es auch verstanden.
Es zählen also die Vorüberlegungen nach der TakeLaw Methode.

Welcher Student schafft es, einen kompletten Sachverhalt nur im Kopf zu erfassen und alle Lösungsmöglichkeiten durchzuspielen? Sicher keiner...

Ich kritisiere etwas, dass wir online ein Instrument zur Verfügung gestellt bekommen, mit dem wir arbeiten sollen, dass wir in der Prüfung aber nicht verwenden können oder färben sich bei euch auf den Blättern die verschiedenen Punkte, wenn ihr sie schreibt rot, grün und gelb? :D

Für mich bleiben die Ausführungen des Herrn Prof. Möller in diesem Punkt zu theoretisch.
VG
Michael

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MichaelZ.
 
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» Di 16. Dez 2014, 16:26

OK, vielleicht habe ich mich umständlich ausgedrückt. Ich versuche es mit einem Beispiel.
Du bekommst einen Sachverhalt (Fall) und eine Fallfrage. "Kann A von B Zahlung von X € verlangen?".

Du beginnst deine Überlegungen, und zwar auf einem Schmierzettel. Beginnend mit den Anspruchsgrundlagen und deren Voraussetzungen und der Subsumtion. Du schreibst also auf den Schmierzettel:

"A) AGL1
I) Anspruch entstanden?
1) Tatbestandsvoraussetzung1
Obersatz, Definition, Subsumtion...
2) TBV2
Obersatz, Definition, Subsumtion...
3) TBV 3
Obersatz, Definition, Subsumtion...
a) Unterpunkt 1
...
Ergebnis

B) AGL2
I) Anspruch entstanden?
1) Tatbestandsvoraussetzung1
Obersatz, Definition, Subsumtion...
2) TBV2
Obersatz, Definition, Subsumtion...
3) TBV 3
Obersatz, Definition, Subsumtion...
a) Unterpunkt 1
...
Ergebnis
usw."
Bis du alles durch bist und die Fallfrage abschließend beantworten kannst. Dann schreibst du das eigentliche Gutachten, und zwar mit deinem Schmierzettel als Vorlage und der Säcketheorie im Kopf als Formulierungsbausteine. Also:
"A) A könnte von B Zahlung von X aus AGL1 verlangen.
I) Dann muss der Anspruch entstanden sein.
usw."

Die Schmierzettel müssen abgegeben werden, weil vermieden werden soll, dass Prüflinge beschriebene eigene Zettel in die Prüfung mitbringen (Unterschleif). Das meinte ich mit "technischen Gründen". Bewerten wird der Korrektor nur das, was in deinem Gutachten steht.
Eigentlich ist der ganze Prozess des Gutachtenschreibens schon recht formalisiert. Ich habe nicht den Eindruck, dass jeder macht, was er will, wobei natürlich gewisse Gestaltungsspielräume bei Gliederung und textlicher Umsetzung bestehen.

Ich bin mir nicht sicher, ob der Begriff "Lösungsskizze" so zu verstehen ist, dass du sozusagen eine TakeLaw-Struktur auf Papier aufbaust. Die TakeLaw-Struktur zeigt dir ja alle denkbaren TB-Varianten, also auch solche, die in deinem konkreten Gutachten nicht auftauchen werden (und nicht auftauchen dürfen), weil sie z. B. offensichtlich nicht einschlägig sind. Die TB-Merkmale ("Schemata") muss man m. E. draufhaben - daran ändert die Lehrmethode erst mal nichts. Wie man sich die Schemata merkt, ist eine Frage der individuellen Vorliebe. Doch egal wie du es machst, die Phasen 1 und 2 kommen als solche nicht auf das Papier, welches bewertet wird. Deine Ergebnisse aus den Phasen 1 und 2 sind jedoch in deinem Gutachten natürlich erkennbar.

LG
Grant
 
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