Ich habe frisch mit dem Studium begonnen und mein erstes Gutachten zum Übungsfall „Wasserfleck“ geschrieben.
Vielleicht findet sich ja ein Leser, der es beurteilen kann
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Gutachten – Übungsfall „Wasserfleck“
Der Fall
A wird von B zum Essen eingeladen. Ein schöner Abend nimmt seinen Lauf, bis B - etwas tollpatschig - der A Wasser nachschenken möchte und mit zu viel Schwung in das Glas eingießt. Ein kleiner Schwall springt wieder aus dem Glas und landet auf der Seidenbluse der A, die diese am selben Tag für 200,- Euro gekauft hat.
Bei Flecken versteht A keinen Spaß. Sie ist der Meinung, Seidenstoff sei sehr empfindlich für Flecken und die Bluse sei ruiniert.
B ist der Ansicht, er könne das verstehen, wenn es ein Fettfleck sei, aber Wasser trockne doch. A erwidert nur destilliertes Wasser hinterlasse keine Flecken, worauf B argumentiert, eine Bluse werde doch aber mit normalen Wasser und nicht mit destillierten Wasser gewaschen, dann trockne sie doch auch ohne nachteilige Folgen.
A erwägt, den widerspenstigen Reden des B mit einem Schadensersatzanspruch zu kontern und fragt sich, ob ein solcher auf der Grundlage von § 823 I BGB bestünde.
Zu Recht?
Die Lösung
A könnte gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 I BGB haben.
I. Rechtsgutverletzung
Dafür muss eine Rechtsgutverletzung vorliegen.
In Betracht kommt eine Eigentumsverletzung.
1. Eigentum
Dazu müsste die Seidenbluse das Eigentum der A sein. Aus § 903 S. 1 BGB ergibt sich, dass Eigentum ein allumfassendes Herrschaftsrecht an einer Sache ist.
Folglich ist die Seidenbluse Eigentum von A.
2. Verletzungserfolg
Weiter ist zu prüfen, ob die Seidenbluse als Eigentum von A verletzt worden ist.
Eine Eigentumsverletzung ist gegeben, wenn das Eigentumsrecht belastet oder seinem Inhaber entzogen wird, wenn die Sachsubstanz beeinträchtigt oder wenn der Eigentümer daran gehindert wird, die ihm gemäß § 903 BGB zustehenden Befugnisse auszuüben.
Die Seidenbluse von A weißt einen Wasserfleck auf. Daher ist davon auszugehen, dass eine Sachsubstanzverletzung vorliegt.
Somit liegt eine Eigentumsverletzung und damit eine Rechtsgutverletzung vor.
II. Handlung
Weiter muss eine Handlung gegeben sein.
Eine Handlung im Sinne des § 823 Abs.1 BGB, ist ein Verhalten, dass beherrschbar ist und der Bewusstseinskontrolle sowie der Willenslenkung eines Menschen unterliegt.
Zwar ist B beim Nachschenken des Wassers etwas tollpatschig, es ist jedoch davon auszugehen, dass die Handlung der vollen Bewusstseinskontrolle des B unterlag.
Damit liegt eine schädigende Handlung durch B vor.
III. Haftungsbegründete Kausalität
Der Wasserfleck auf der Seidenbluse von A, wurde durch das Handeln von B verursacht.
Folglich ist der kausale Zusammenhang gegeben.
IV. Rechtswidrigkeit
Weiter muss das Eigentum von A durch B widerrechtlich verletzt worden sein.
Die Verletzung eines Rechtgutes ist dann widerrechtlich, wenn keine Rechtfertigungsgründe gegeben sind.
Es kommen keine Rechtfertigungsgründe in Betracht, somit ist die Rechtwidrigkeit gegeben.
V. Verschulden
Weiter muss Verschulden vorliegen.
In Betracht kommt Fahrlässigkeit.
Mit dem tollpatschigen Nachschenken des Wassers durch B, liegt eine Missachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vor.
Damit ist die Fahrlässigkeit gegeben.
Folglich liegt das Verschulden vor.
VI. Schaden
Weiter muss ein ersatzfähiger Schaden vorliegen.
Fraglich ist es jedoch, ob es sich bei einem Wasserfleck um einen ersatzfähigen Schaden handelt.
Da es sich allerdings um Seidenbluse handelt, kann diese durch einen Wasserfleck Verhärtungen aufweisen und verliert ihre natürliche Weichheit.
Damit wäre eine spezielle Behandlung des Stoffes mit Essigwasser notwendig.
Dadurch, dass Seidenstoff eine natürliche Empfindlichkeit besitze, ist es auch dann von einem Schaden auszugehen, wenn es sich um ein Wasserfleck handelt.
Aus alledem folgt, dass ein Schaden gegeben ist.
VII. Haftungsausfüllende Kausalität
Die Rechtsgutverletzung des Eigentums durch B ist kausal für den eingetretenen Schaden.
Es liegt kein unvorhersehbarer großer Schaden vor.
Damit ist der kausale Zusammenhang gegeben.
VIII. Mitverschulden
Ein Mitverschulden durch A liegt nicht vor.
Aus alledem folgt, dass A gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB hat.