» Do 24. Jan 2019, 14:34
Moin zusammen,
ich weiß ja nicht, ob noch jemandem das Thema unter den Nägeln brennt, aber ich kann kurz meine Erfahrung schildern:
Bei mir lag die Ausgangssituation wie folgt:
2004: Jurastudium abgebrochen, Ausblidung angefangen, im Folgenden abgeschlossen, mehrere Jahre gearbeitet etc.
2014 - 2016: LL.B. Wirtschaftsrecht an der HFH mit der Note 1,3
2016 - 2018: Jurastudium an der Uni Kiel, Schwerpunkt Kartell- und Urheberrecht: 10,25 Punkte; Staatsexamen: 8,01 Punkte
Das Jurastudium habe ich die zwei Jahre in Vollzeit betrieben, Leistungsscheine musste ich nur noch in Rechtsenglisch, Grundrechte und Polizeirecht machen, weil ich die anderen Scheine bereits vor 2004 abgelegt habe. Den universitären Schwerpunkt samt Prüfung gab es 2004 noch nicht, deswegen musste ich auch diesen noch machen.
Zur Anerkenntis von Leistungen aus dem HFH Studium: Meine Erfahrung ist, dass Universitäten ungern bis gar nicht Leistungen aus einem Fachhochschulstudium anerkennen, weil das Leistungsniveau zu unterschiedlich ist. Aber das kann von Universität zu Universität unterschiedlich sein.
Was habe ich also die ganze Zeit gemacht? Ich habe natürlich meine universitäre Schwerpunktsprüfung vorbereitet und bestanden, freiwillig einige Seminararbeiten geschrieben und was beinahe unumgänglich ist, wenn man "schnell" ins Examen will, ein Repetitorium besucht. Für das Rep würde ich inkl. Nachbereiten ca. 1 Jahr veranschlagen.
Am Schluss werden in den meisten Bundesländern sechs Examensklausuren à fünf Zeitstunden in 1 1/2 Wochen geschrieben, danach geht man auf dem Zahnfleisch.
Ca. vier Monate wurden dann die Noten bekannt gegeben und wer einen Schnitt von mindestens 3,75 Punkte hatte, wusste, dass er/sie ca. drei Wochen später zur mündlichen Prüfung antreten durfte, für alle anderen war hier schon die Reise vorbei.
Bei uns sind ca. 55 % der Prüflinge zugelassen worden.
In der mündlichen Prüfung werden meist vier Prüflinge gemeinsam geprüft von drei Prüfern, meist aus der Praxis, also Richter, Anwälte, Staatsanwälte oder Verwaltungsräte und manchmal, wenn man Glück hat auch Professoren.
Entgegen dem Irrglauben, nun sei ja alles geschafft, kann man auch in der mündlichen Prüfung noch abgesägt werden. Denn es wird nur eine Strafrechtsklausur geschrieben und wenn die nicht mit mindestes 4,0 bestanden ist, droht sog. Blockversagen. D.h. jeder Prüfling muss in jedem Teilbereich Zivilrecht, Strafrecht und Öffentlichem Recht mindestens 4,0 Punkte haben, entweder schriftlich oder mündlich.
Und wenn das alles bestanden ist, dann .... kommt das Referendariat und während der Zeit ist idR eine zusätzliche Arbeit mit max. 8 h pro Woche erlaubt. Die Unterhaltsbeihilfe beträgt je nach Bundesland zwischen 900 und 1200 Euro brutto pro Monat für zwei Jahre. Das Referendariat schließt dann erneut mit einem Staatsexamen ab, zwischen 7 und 11 Klausuren plus mündlicher Prüfung. Die Durchfallquote ist niedriger als beim ersten Staatsexamen.
Also, lange Rede kurzer Sinne. Ein Jurastudium ist Blood, Sweat and Tears und hat keine Gelinggaratie.
Würde ich davon abraten? Nein, ich denke, dass muss jeder für sich selbst wissen, aber du musst schon ein wenig dafür "brennen".
Ich habe oft selbst an meiner Entscheidung gezweifelt. Wie viel einfacher wäre es gewesen gleich mit dem LL.M. weiterzumachen und dann es auf sich beruhen lassen. Aber ich wollte mir selbst unbedingt beweisen, dass ich es packe und dann kam zum Glück auch noch Interesse und Verständnis für die Materie hinzu, ansonsten hätte ich nicht durchgehalten. Man tanzt doch oft am Rande des Wahnsinns gerade in den letzten Monaten für den Klausuren, wenn man sich in der Bib einkaserniert, um noch das letzte Fleckchen Gehirn mit Lernstoff zu füllen.
Danke fürs Lesen bis hierhin
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Ich hoffe, ihr habt einen plastischen Eindruck bekommen und es hilft euch weiter bei der Entscheidung, ob ihr euere Examina noch machen wollt oder nicht.
VG